Musikphysiologie, Prävention und Musikergesundheit
23. Oktober 2019
Was ist Musikphysiologie?
Die Musikphysiologie forscht und lehrt um die physiologischen Grundlagen des Musizierens und der Prävention typischer Musikerkrankheiten.
Mit Musikphysiologie im Fokus dienen speziell ausgewählte Körperübungen und Methoden zur Bewältigung von Auftrittsangst und Lampenfieber der Musikergesundheit in primärer und sekundärer Prävention und Therapie.
Worum geht es in einer Musikersprechstunde?
In meiner Musikersprechstunde geht es auch um die Prävention von Musikerbeschwerden beim Musikmachen, d. h. beim Üben, Konzertieren und Unterrichten. Mit praktischen Übungen fördern wir die Selbstwahrnehmung und optimieren Bewegungsmuster in Bezug auf Ergonomie und Ökonomie.
Beschwerdefreies Musizieren bringt mehr Leichtigkeit und Klangfülle.
Je nach Instrument sind bestimmte Muskelgruppen besonders gefordert. Gutes Sitzen oder Stehen mit dem Instrument ist die Basis für ein freies Spiel.
Auf dem Bild sieht man Material, das bei einem Übungsprogramm für die unteren Extremitäten und den Rücken zum Einsatz kommt.
Besondere Anforderungen im Instrumentalspiel
Viele Instrumente wie Violine, Fagott oder Querflöte fordern eine asymmetrische Körperhaltung im Spiel, doch auch Organisten mit ihrer gerade ausgerichteten Haltung haben ganz spezielle Anforderungen an ihre Haltungsmuskulatur, da die Stützfunktion über die Füße wegfällt und durch die Bewegung der Beine im Pedalspiel ständig die Sitzhaltung beeinflusst wird.
Welche Lehren finden Anwendung in der Prävention und Therapie?
In einer musikphysiologischen Körpertrainingsstunde nutze ich neben der Arbeitsweise Schlaffhorst-Andersen auch Elemente aus der Alexandertechnik, der Feldenkreislehre und dem Yoga. Theoretische Grundlagen dieser Praxisansätze sind neurophysiologisch untermauert.
Lampenfieber und Auftrittsangst
Einen besonderen Stellenwert nimmt in der Musikersprechstunde auch das Thema Lampenfieber und Auftrittsangst ein. Es gibt lerntheoretische, tiefenpsychologische, stresstheoretische und psychophysiologische Erklärungsansätze dazu:
Salmons zB definierte 1990 musikalische Aufführungsangst als Produkt einer Interaktion zwischen für die Aufführungsangst charakteristischen beängstigenden Gedanken, einem autonomen Aktivierungszustand (z.B. Herzfrequenzanstieg) und Verhaltensreaktionen, die in der Vorführungsqualität, dem Angstausdruck (Mimik, Zittern) und dem Vermeidungsverhalten zu beobachten sind.
Je nach individueller Ausprägung unterstütze ich hier mit einem Mix aus Entspannungsverfahren, Naturheilkunde oder Mentaltechniken.
Qualifikation
2018-2019 habe ich an der universitären Weiterbildung „Musikphysiologie im künstlerischen Alltag“ der Universität der Künste, Berlin teilgenommen und mit einem Zertifikat abgeschlossen.
Gibt es spezielle Ansprechpartner für erkrankte Musiker?
Professionelles Musizieren ist von den Anforderungen her mit Hochleistungssport zu vergleichen. Leiden Musiker längere Zeit unter Beschwerden, die vom Musizieren stammen oder das Musizieren beeinträchtigen, ist der Besuch einer ärztlichen Musikersprechstunde sinnvoll. Da es keinen Facharzt für Musikermedizin gibt, finden sich an den Spezialambulanzen Neurologen, Orthopäden und HNO-Ärzte, die zumeist selbst auf hohem Niveau musizieren und so die Besonderheiten dieser Patientengruppe verstehen können.
In Mitteldeutschland gibt es folgende Musikermedizinische Ambulanzen:
Dr. Katja Regensburger in Halle
Prof. Hans-Christian Jabusch in Dresden
Über die gemeinsame Mitgliedschaft in der Deutschen Gesellschaft für Musikphysiologie und Musikermedizin sind wir interdisziplinär verknüpft. Davon profitieren unsere Musiker-Patienten, da die Befunde und Behandlungsziele so direkt im gemeinsamen Ansinnen besprochen werden können. Selbstverständlich nur unter der Erlaubnis des Patienten.